Streichung aus Pflegebudget: Gibt es im Krankenhaus bald keine Hebammen mehr?

Immer mehr Menschen wehren sich gegen Lauterbachs Krankenhausreform

Das Ziel scheint im ersten Moment sehr erstrebenswert zu sein: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plant, die Kliniken in Deutschland merklich zu entlasten. Zudem soll die Gesundheitsversorgung im Land moderner und bedarfsgerecht werden.

Wie genau das Ganze erreicht werden soll, gibt vielen Anlass zur Sorge. Denn: Die Basis für die Reform bildet ein neuer Finanzierungsplan, der Hebammen und andere wichtige Berufsgruppen vom Budget der Krankenhäuser ausgrenzt.

Streichung aus Pflegebudget: Gibt es im Krankenhaus bald keine Hebammen mehr?

Lauterbachs Krankenhausreform: Was steckt hinter dem neuen Finanzierungsplan?

Lauterbachs neuer Finanzierungplan soll ab dem Jahr 2025 gelten, schlägt aber schon jetzt hohe Wellen. Denn: Ab diesem Zeitpunkt sollen nur noch die Pflegekräfte im Pflegebudget enthalten sein, die:

  • qualifiziert sind
  • in der unmittelbaren Versorgung der Patienten eingesetzt werden
  • auf bettenführenden Stationen arbeiten.

Mit Hinblick auf alle anderen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, wie zum Beispiel Hebammen und Physiotherapeuten, gilt, dass sich die Krankenhäuser um andere Wege der Finanzierung kümmern müssen. Und genau das macht aktuell nicht nur die Krankenhäuser, sondern auch viele Menschen, die in Pflegeberufen arbeiten, aber auch diejenigen, die in den nächsten Jahren eine Familie gründen möchten, ratlos. Immerhin steht unter anderem die Frage im Raum, welche Leistungen sind ein Krankenhaus nun noch leisten kann, im Raum.

Schon jetzt wurde eine Petition ins Leben gerufen, die auf die entstehende Notlage von Hebammen und Entbindungshelfern hinweist. Die Resonanz ist riesig. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie bald zu einer der meist gezeichneten Petitionen auf change.org gehören wird, ist hoch.

Hebammen, Entbindungshelfer und Zukunftsängste

Eine der Hauptsorgen von Hebammen und Entbindungshelfern ist, dass sich die Geburtshilfe spätestens ab 2025 maßgeblich verändern wird. Immerhin wäre es möglich, dass ab diesem Zeitpunkt Geburten von Menschen begleitet werden, die überhaupt nicht entsprechend ausgebildet sind, aber eben durch das neue Budget abgedeckt werden.
Dementsprechend könnte sich die Qualität der Versorgung maßgeblich verschlechtern. Die Leidtragenden wären dann nicht nur die Hebammen und Entbindungshelfer, die ihren Job verlieren, sondern selbstverständlich auch die werdenden Eltern und deren Kinder.

Mittlerweile haben sich auch schon mehrere Ärzte zu Wort gemeldet, die ein wichtiges Problem ansprechen: Die fehlende Lobby für werdende Mütter und deren Nachwuchs. Ein weiterer Kritikpunkt: Sollte das Gesetz wirklich 2025 in Kraft treten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass qualifizierte Pflegekräfte, die eigentlich in anderen Bereichen eingesetzt werden würden, NOCH mehr Aufgaben als ohnehin schon erledigen müssten.

Hebammen und Entbindungshelfer

Wie möchte Lauterbach die Geburtshilfe in den Kliniken entlasten?

Wer sich ein wenig genauer mit den Plänen des Gesundheitsministers und den dazugehörigen Kommentaren auf Social Media auseinandersetzt, erkennt schnell, dass viele der Meinung sind, die Gesetzesänderung sei zu kurz gedacht.

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle jedoch erwähnt, dass Lauterbach bereits bestätigt hat, dass er die Klinik Geburtshilfe in den nächsten beiden Jahren mit insgesamt 240 Millionen Euro unterstützen möchte. Hierfür muss jedoch noch ein entsprechender Antrag bewilligt werden. Und selbst dann gestalten sich die Aussichten mit Hinblick auf die Zukunft von vielen Hebammen und Entbindungshelfern sicherlich eher düster.

Abgesehen davon ist es auch die unterschwellige Botschaft, die mit den neuen Regelungen mitschwingt, die einige besorgt. Oder (überspitzt ausgedrückt): Sind es Hebammen und Entbindungshelfer nicht mehr wert, im Budget, mit dem ein Krankenhaus haushalten kann, berücksichtigt zu werden?

Mit dieser und weiteren Fragen wird sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach aller Voraussicht nach in den kommenden Wochen und Monaten auseinandersetzen müssen. Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass Lauterbach aufgrund seiner geplanten Reformen in den Fokus der Öffentlichkeit rückt.

Wie viele Pflegekräfte fehlen in Deutschland?

Die Wahrscheinlichkeit, dass Lauterbachs Vorschlag massive Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, und vor allem auch auf das Gebären von Kindern haben wird, ist hoch. Viele Frauen, die sich im Rahmen der Geburtsvorbereitung, aber auch bei der Geburt selbst, von einer Hebamme oder von einem Entbindungshelfer haben betreuen lassen, betonen immer wieder, wie hilfreich diese Unterstützung gewesen sei – unter anderem deswegen, weil sie natürlich genau wissen, mit wie viel Empathie und Kompetenz diese ihren Beruf ausüben.

Die Überlastung der Menschen, die nun an ihre Stelle treten werden müssen, weil viele Krankenhäuser ohnehin schon am Existenzminimum arbeiten, werden wahrscheinlich noch mehr zunehmen.

Aktuell ist davon auszugehen, dass in Deutschland etwa 30.000 Stellen im Pflegebereich unbesetzt sind. Ein Mehr an Arbeit wird dementsprechend auf eine viel zu kleine Gruppe an Menschen aufgeteilt.

Was kann man gegen die für 2025 geplanten Änderungen unternehmen?

Als die Nachricht über die von Karl Lauterbach geplanten Änderungen verbreitet wurde, reagierten viele Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen frustriert… vollkommen unabhängig davon, ob sie selbst direkt betroffen sein würden oder nicht.

Wer sich vielleicht nicht ganz so hilflos vorkommen möchte, sollte einen Blick auf die Petition „Keine Streichung der Hebammen aus dem Pflegebudget ab 2025!“ werfen. Hier ist es nicht nur möglich, alle Details zur Reform und den Kritikpunkten noch einmal nachzulesen, sondern auch, direkt zu unterschreiben. Der Gegenwind, der Lauterbach schon jetzt entgegenschlägt, ist beeindruckend. Stand: 08.11.2022 haben bereits mehr als 1.400.000 Menschen unterschrieben.

Nach massiver Kritik: Lauterbach rudert zurück

Update vom 09.11.2022

Nach massiver Kritik rudert Karl Lauterbach zurück: Hebammen sollen nach Medienberichten nun doch im Pflege-Budget bleiben. Wie der Focus berichtet, ist im Streit um die künftige Finanzierung von Hebammen in Krankenhäusern Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zurückgerudert. Nachdem es massive Kritik von Müttern und Berufsverbänden hagelte, sollen Hebammen nun doch weiter im Pflege-Budget berücksichtigt werden.

Wir werden das Thema weiterhin im Auge behalten und berichten bei Neuigkeiten sofort 🙂

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