Aus nächster Erfahrung weiß ich was es bedeutet, ein Kleinkind in der Trotzphase zu haben. Meine große Tochter ist im März zwei Jahre alt geworden und befindet sich mitten in dieser fürchterlichen Zeit. Kaum ein Alter ist für Eltern so zermürbend anstrengend wie dieses. Woher kommt das und vor allem wie lassen sich Trotzanfälle der Kleinen am besten ertragen?
Wann fängt die Trotzphase an?
Das Kind schreit vor Wut und Ă„rger, wenn es etwas nicht darf oder nicht so läuft wie es will? Das sogenannte „trotzen“ ist ein wichtiger Entwicklungsschritt beim Kind: die Trotzphase. Die Trotzphase beginnt oftmals in einem Alter von 2 Jahren und kann bis zum 4. Lebensjahr andauern.
Gründe für Trotzanfälle in der Trotzphase
Den eigenen Willen entdecken
Im Alter von zwei Jahren bemerken Kinder, dass sie einen eigenen Willen besitzen und das es Möglichkeiten gibt diesen bei den Eltern so gut wie immer durchzusetzen. Sie stellen fest, dass mit Weinen und Schreien viel zu erreichen ist und testen ihre Eltern aus. Was kann ich wohl alles schaffen mit einem ordentlichen Trotzanfall? Nicht immer ergeben diese Wünsche Sinn – oftmals ist es lediglich Ausprobieren.
Den Umgang mit Frust erlernen
Ein Kind unter 3 Jahren kennt den Umgang mit frustrierenden Momenten nicht. Doch neu erlernte Fähigkeiten bringen auch die ersten Grenzen mit sich. Etwas nicht zu dürfen, nicht zu können oder nicht verstanden zu werden verletzt die kleine Kinderseele. Gerade Kinder die sich sprachlich noch nicht so gut ausdrücken können verzweifeln an Situationen in denen die Eltern nicht so handeln wie erwünscht. Selbst das auf den zweiten Versuch korrekte Handeln der Mutter hilft dann nicht mehr. Der Frust über das falsche Verhalten auf den zuerst geäußerten Wunsch ist so groß, dass sich Kinder in der Trotzphase oft regelrecht in Rage schreien.
Wie gehe ich am besten mit dem Trotz meines Kindes um?
Erste Regel: Ruhig bleiben!
In solchen Momenten ist für die Eltern von Kleinkindern in der Trotzphase erstes Gebot die Ruhe zu behalten. Dass das nicht immer im Bereich des Machbaren liegt kenne ich nur zu gut, doch ein Kind in Rage mit lautem Gebrüll oder schriller Stimme entgegen zu treten hilft leider gar nicht. Deshalb – auch der eigenen Gesundheit wegen – versuchen innerlich zu zählen, einen tiefen Atemzug zu nehmen und in ruhiger Stimme mit dem Kind sprechen
Wenn das Kind völlig zu macht – eine Auszeit geben
Oft hört man von Kindern die sich so in Trance schreien, dass sie entweder die Luft anhalten oder sich gar übergeben. Das Zureden oder Schreien der Eltern verschlimmert diesen Zustand meist und führt zu nichts. Für ein gefrustetes Kind gibt es oft keine Lösung auf das Problem außer der Zeit. So ist es oft sinnvoll sich zurück zu ziehen und das Kind alleine zu lassen. Natürlich mit der Möglichkeit jederzeit zu den Eltern zu kommen. Eine kurze Auszeit im Kinderzimmer oder Nebenraum gibt dem Trotzkopf die Gelegenheit sich zu beruhigen und den Kontakt zu den Eltern zu suchen.
Sich problematischen Situationen stellen – nun zählt Konsequenz
So schwer es ist – ein Kleinkind in der Trotzphase benötigt Grenzen und Regeln. Gerade jetzt lernt es, dass nicht alles möglich ist und manche Dinge einfach sein mĂĽssen. Schon vorab den schwierigen Situationen aus dem Weg zu gehen ist nun der falsche Weg. Viel mehr mĂĽssen die Kleinen jetzt starke Eltern erleben. So werden sie es später leichter haben, sich mit Lehrern oder späteren Arbeitgebern zu arrangieren.
Nicht persönlich nehmen
Für mich am schwersten ist es nach wie vor die Wutanfälle meiner Tochter nicht persönlich zu nehmen. Immer wieder muss man sich sagen, dass die Wut oder der ausgesprochene Hass des Kindes nicht an einen selbst gerichtet ist. Als Mutter oder Vater ist man die nächste Person und badet aus was das Kind fühlt. Denkt man doch mal an sich selbst, muss man ja auch eingestehen, dass der Partner schon so manchen Frust von der Arbeit zuhause abbekommen hat. So verwundert es auch nicht, dass Kinder oft im Kindergarten oder bei Freunden noch ganz brav waren und sich plötzlich an den Eltern abreagieren. Ein Kind weiß: „Mama hat mich lieb!“ und nutzt diesen Umstand gnadenlos aus. Das sollte man versuchen positiv zu sehen.
Ich hab dich trotzdem lieb – ein Zurückkommen ermöglichen
Ein Kind ist nicht gleich böse weil es trotzt. Eltern sollten ihren Kindern zeigen, dass sie sie lieben und bei korrektem Verhalten die Arme sofort wieder weit auf machen. Sich beleidigt zurückziehen oder das Kind ignorieren ist das falsche Mittel. Statt bösen Worten Verständnis hilft einem selbst und gibt vor allem den Kindern ein Gefühl von Geborgenheit
Kein Mensch ist perfekt – eigene Fehler akzeptieren
In keinem Entwicklungsschritt so stark wie in der Trotzphase bei Kleinkindern sind Selbstzweifel an der Tagesordnung. Was habe ich nur falsch gemacht? Warum ist mein Kind so böse? Wie hätte ich mich anders verhalten sollen? War ich nicht konsequent genug? 1000 Fragen tun sich auf wenn man seinem eigen Fleisch und Blut beim trotzen zu sieht. Und dennoch sollte man sich jederzeit vor Augen halten: Nicht immer kann man ruhig bleiben, auch ein Kind darf spüren (natürlich nicht körperlich), dass Mama und Papa Gefühle haben und diese nicht immer zügeln können. Das man auch trotz aller Vorsätze mal laut wird oder böse Dinge sagt ist normal. Sich abends an das Bett des Kindes zu setzen und darüber zu reden hilft oft ungemein. Sich entschuldigen können ist ebenso eine tolle Fähigkeit die Kinder gerne miterleben dürfen.
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Das ist ein toller Artikel! Gerade in Zeiten der „Super-Nanny“ erhält man das GefĂĽhl, man mĂĽsse nur lieb zu seinen Kindern sein und immer auf sie eingehen, dann gäbe es auch keine Probleme. Man sieht dort aber meistens Extrem-Familien, die oft den ganzen Tag vor dem Fernseher oder Computer sitzen oder bei denen die Kinder sehr oft sich selbst ĂĽberlassen sind. Mit solchen Familien kann man sich eigentlich nicht identifizieren. Es sind schon auch interessante Ansätze dabei die man sehr gut nachvollziehen kann.
Dann sieht man seine eigene Familie und wundert sich, dass bei aller Liebe und Zuwendung trotzdem solche „Anfälle“ auftreten. Und da darf man wirklich nicht vergessen, das wir alle Menschen sind, die viele Dinge gut wegstecken können und andere wieder gar nicht. Und so ein kleiner Zwerg muss erstmal lernen, solche GefĂĽhle einzuordnen, abzuarbeiten und damit richtig umzugehen. Das Leben ist ein Abenteuer, das ganze Leben lang und wir können unseren Kindern nur die Hand reichen, sie unterstĂĽtzend begleiten und ihnen ein gutes Vorbild sein.